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Hans Letsch

Begründer der Aargauischen Stiftung für Freiheit und Verantwortung in Politik und Wirtschaft

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Hans Letsch (links) im Gespräch mit Fritz Bucher, Sekretär der Finanzkommission

«Der mündige Mensch ist zu Freiheit und persönlicher Verantwortung sich selber und seinem Umfeld beziehungsweise seiner Umwelt gegenüber berufen. Bescheidenheit (nicht Arroganz), Mass (nicht Gigantismus und Raubbau am Rohstoff Natur), Rücksichtnahme (nicht Egoismus), Selbsthilfe und Chancennutzung (nicht Trägheit und Vollkasko-Mentalität). sowie spontane Hilfsbereitschaft (nicht staatlich erzwungene Solidarität) sind unverzichtbar, wenn das freiheitliche Menschenbild Bestand haben soll.»

Hans Letsch

Aus: «Freiheitliche Ordnungspolitik: Garant für direkte Demokratie, Marktwirtschaft und Föderalismus», Beitrag im Sammelband «EigenStändig: Die Schweiz – ein Sonderfall», 2001.

 

Werdegang

Hans Letsch, am 31.März 1924 geboren, schloss sein Studium an der Universität Zürich mit dem Doktorat oec.publ. ab. Seine berufliche Karriere startete er 1952 als Chef der Finanzkontrolle in der Finanzdirektion des Kantons Aargau. Von 1959 bis 1961 war er als Finanzinspektor der Stadt Zürich tätig, anschliessend bis 1968 als Chef der Finanzverwaltung des Kantons Aargau. 1968 holte ihn der damalige Bundesrat Hans Schaffner als Generalsekretär des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements nach Bern.

1970 wechselte er dann in die Wirtschaft und übernahm als Verwaltungsrat beratende Funktionen in bedeutenden Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. In den achtziger Jahren präsidierte er auch den Schweizerischen Arbeitgeberverband. Als Titularprofessor an der Hochschule St.Gallen wurde er mit einem ständigen Lehrauftrag für Fragen der Finanz- und Wirtschaftspolitik betraut.

In der Politik vertrat er als freisinniger Nationalrat des Kantons Aargau von 1971 bis 1979 und als Ständerat von 1979 bis 1987, aus seiner wirtschaftlichen und seiner wissenschaftlichen Tätigkeit schöpfend, konsequent eine freiheitliche Ordnungspolitik. Er tat dies auch in all den Jahren publizistisch in zahlreichen Abhandlungen, Vorträgen und Artikeln in der Fachpresse und in der Tagespresse.

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Hans Letsch im Geschpräch mit dem damaligen Bundesrat Willi Ritschard

 

Nach Beendigung seiner parlamentarischen Tätigkeit fand er Zeit, sein wegweisendes Werk «Soziale Marktwirtschaft als Chance – Die Schweiz auf dem Prüfstand» (1992) zu verfassen. Seine Gedanken über das Menschsein und sein Menschenbild veröffentlichte Hans Letsch unter dem Titel «Abschied von Babylon – Hinauf ins Tal / Ein Gespräch über das Recht und die Pflicht, Mensch zu sein» mit dem Pseudonym Balz Bohrer (2000).

1987 erhielt Hans Letsch den Freiheitspreis der Max-Schmidheiny-Stiftung an der Hochschule St.Gallen, mit dem er den Grundstein der «Aargauischen Stiftung für Freiheit und Verantwortung in Wirtschaft und Politik» legte. 1994 wurde Hans Letsch mit dem Jahrespreis der Stiftung für Abendländische Besinnung Zürich ausgezeichnet.

 

Freiheitspreis 1987 der Max-Schmidheiny-Stiftung: Auszüge aus der Laudatio für Ständerat Prof. Dr. Hans Letsch

«Dem Unternehmer, Politiker und Wissenschafter, der Kraft, Überzeugung und Ideen sein Leben lang in den Dienst an der Gemeinschaft gestellt und den Milizgedanken damit vorbildlich in die Tat umgesetzt hat.»

«[…] dem Demokraten, der in unserer schnellebigen Zeit steten Wandels als engagierter Verfechter konservativer Grundwerte notwendige Neuerungen in Staat und Wirtschaft mitgestaltet hat […].»

«[…] dem überzeugten Exponenten helvetischer Sozialpartnerschaft, der –. unterschiedlicher Interessenlagen bewusst – gemeinsame Verantwortung im Sinn und Geist des Friedensabkommens wahrnimmt und damit zum dauerhaften sozialpolitischen Konsens der schweizerischen Gesellschaft wesentlich beiträgt.»

 

Jahrespreis 1994 der Stiftung für Abendländische Besinnung Zürich: Auszüge aus der Laudatio für alt Ständerat Prof. Dr. Hans Letsch

«[…] der als Politiker, Wissenschafter und Unternehmer stets mutig und unerschrocken für die Soziale Marktwirtschaft eingetreten ist.»

«[…] der sich im Sinne des eidgenössischen Milizgedankens ein Leben lang vorbildlich in den Dienst der Gemeinschaft gestellt.»

«[…] und der sich im Geiste einer ordnungspolitischen Staats- und Wirtschaftsphilosophie für ein harmonisches Zusammenwirken von Individuum und Gesellschaft, von Freiheit und sozialer Verantwortung des Einzelnen eingesetzt hat.»

 

 

Zitate

Freiheitliche Ordnungspolitik und Ordnungssystem

«Freiheitliche Ordnungspolitik umfasst mehr als Markt und Wettbewerb. Drei Merkmale sind entscheidend. Zunächst die Soziale Marktwirtschaft im Sinne von Ludwig Erhard, also weder Kapitalismus im landesüblichen Sinn noch sozialisierte Marktwirtschaft im Sinn des heute oft propagierten Dritten Weges. Zweitens eine staatliche Ordnung nach dem Prinzip der Subsidiarität (d.h. in der Pflicht stehen primär der mündige Mensch, dann die Gemeinden, die Kantone und zuletzt der Zentralstaat), also der Föderalismus. Drittens eine breit abgestützte staatliche Willensbildung, also die direkte Demokratie, die keine machthungrigen „Führer“ erträgt. Repräsentative Demokratie genügt nicht. Ein solches umfassendes freiheitliches Ordnungssystem lebt vom uneingeschränkten Willen zu persönlicher Freiheit und Verantwortung, von Toleranz und Respekt vor dem Gesetz. Darin liegt m.E. auch der tiefere Sinn des Wortes Liberalismus.»

2002/ Interview Aargauer Zeitung, 2.September

«Drei Voraussetzungen sind wichtig, damit ein umfassendes freiheitliches Ordnungssystem in Gesellschaft, Staat und Wirtschaft entstehen kann, Voraussetzungen übrigens, die wir leider weit ins sogenannt bürgerliche (und unternehmerische) Lager, vorab im Parlament, vermissen:

  1. Der Wille jedes Einzelnen zu persönlicher Freiheit und Unabhängigkeit, freiwilliger (nicht vom Staat verordneter) Solidarität, freiwilliger (nicht vom Staat erzwungener Verantwortung sowie Toleranz Andersdenkender gegenüber; ferner der Wille, von den politischen Rechten verantwortungsvoll Gebrauch zu machen und den Rechtstaat zu respektieren.
  2. Der Wille insbesondere der Unternehmer, erfolgreich zu wirtschaften und Gewinne zu erzielen, ihre Freiheit aber nicht zu missbrauchen, sondern ihre Verantwortung umfassend, d.h. gegenüber Kapitalgebern, Mitarbeitern und einer weiteren Umwelt wahrzunehmen; sie müssen bereit sein, auch unter schwierigen äusseren Bedingungen das Pferd zu bleiben, das den Karren zieht, aus eigener Kraft, ohne staatliche Krücken.
  3. Der Wille aller Beamten, Regierungsmitglieder und Parlamentarier, sich nicht als Über-Menschen,, Macher und Führer, sondern als Diener des Staate, als „Freund und Helfer“ zu profilieren. Dann werden sie zu Repräsentanten einer wirklichen Elite, deren Haltung ’nur die jedem Schein abholde Demut sein kann (Robert Holzach)‘.»

Trügerische Staatsgläubigkeit (Stark erweiterte Fassung der Preisverleihungs-Ansprache Jahrespreis 1994 STAB, erschienen zusammen mit der Laudatio von Gerhard Schwarz, in: «Keine Ordnungspolitik ohne Grundsatztreue», Arborea-Verlag), 27 Seiten, 1994.

«Verstösse gegen die freiheitliche Ordnungspolitik können langfristig nie sozial sein.»
Ikarus- Übermut fordert seinen Preis, 2004, 68 Seiten.

Soziale Marktwirtschaft

«Unter Sozialer Marktwirtschaft ist nicht ausschliesslich Markt und Wettbewerb, ebenso wenig aber ein Freibrief für den Ausbau des staatlichen Gemischtwarenladens zu verstehen, sondern ein umfassendes freiheitliches Ordnungssystem im Sinne von Ludwig Erhard.»

Ikarus- Übermut fordert seinen Preis, 2004, 68 Seiten.

«Die Überlegenheit von Markt und Wettbewerb sowie deren zentrale Stellung in unserer Wirtschaftsordnung bedürfen keine näheren Begründung. Sie stehen auch nicht im Widerspruch zu sozialen und ökologischen Anliegen. Wegweisend für mich bleibt das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft im Sinne von Ludwig Erhard. Bei allen Diskussionen über diesen Begriff, die bis heute anhalten, entsprechen die zentralen Anliegen den hier vertretenen Merkmalen eines freiheitlichen Ordnungssystems. Markt und Wettbewerb bleiben zentral. Ludwig Erhard wusste wohl, dass unter bestimmten Voraussetzungen der Staat zum Handeln aufgerufen sein kann. Das gilt für die gezielte Hilfen an unverschuldet in Not geratene Menschen ebenso wie für den Schutz der natürlichen Umwelt und für die Bekämpfung von Missbräuchen im Wettbewerb. Entscheidend bleibt stets die Marktkonformität staatlicher Eingriffe. Strukturerhaltende Subventionen und andere Wettbewerbsverzerrungen vertragen sich nicht damit.»
Freiheitliche Ordnungspolitik: Garant für direkte Demokratie, Marktwirtschaft und Föderalismus, 2002, 12 Seiten, erschienen in: EigenStändig/ Die Schweiz- ein Sonderfall, hg. von Walter Hirt, Robert Nef, Richard C. Ritter, verlag moderne industrie, vmi, Zürich.

Politik

«Wir merken nicht, dass und wie wir bezüglich Staatsgläubigkeit bereits Sozialisten geworden sind.»

Ikarus- Übermut fordert seinen Preis, 2004, 68 Seiten.

«Für Wirtschaft und Staat besonders einschneidend wird es, wenn sich Unternehmer und Politiker vom Übermut treiben lassen. Rücksichtslosigkeit, Ellbogen-Manieren, Abzocker-Mentalität, persönlicher Ehrgeiz und Macht-Dünkel sind Ausdruck des Missbrauchs persönlicher Freiheit und des Mangels an umfassender Verantwortung. Letztlich entspringen solche Auswüchse der Lust an der Macht, deren Eigendynamik früher oder später in Arroganz endet.»

Ikarus- Übermut fordert seinen Preis, 2004, 68 Seiten.

«’Sozialdemokratische Mehrheiten‘ in einem, statistisch gesehen, bürgerlich dominierten Parlament entstehen deshalb, weil jede Fraktion, die eine mehr, die andere weniger, heterogen zusammengesetzt ist; weil ferner Parteiprogramme oft nur in Ansätzen eine Unité de doctrine erkennen lassen, im Übrigen aber dem Ermessen breiten Raum gewähren. Damit wird die Basis der Partei zwar breit, die Geschlossenheit in Stellungnahmen jedoch erschwert.»

1998/Interview in der «AZ am Wochenende» (Aargauer Zeitung)

«Die Probleme einer pluralistischen Gesellschaft lassen sich nicht durch das Diktat politischer Führer lösen, Die „sachlich besten“ Lösungen müssen sich im Rahmen des direkt-demokratischen Willensbildungsprozesses herausschälen. Die repräsentative Demokratie genügt nicht. Volksabstimmungen verlieren auich dadurch nicht an Glanz, dass die Stimmbeteiligung oft tiefer kiegt, als wir gerne haben möchten. Das Ergebnis ist nämlich auch dann noch repräsentativer als der Entscheid von etwa 200 Abgeordneten, die wähnen, die Weisheit für sich gepachtet zu haben.»

Trügerische Staatsgläubigkeit (Stark erweiterte Fassung der Preisverleihungs-Ansprache Jahrespreis 1994 STAB, erschienen zusammen mit der Laudatio von Gerhard Schwarz, in: «Keine Ordnungspolitik ohne Grundsatztreue», Arborea-Verlag), 27 Seiten, 1994.

Interdependenz der Ordnungen

«Ich bezeichne Freiheit und Verantwortung als unverzichtbar und untrennbar. Ebenso müssen alle vom Staat gesetzten Ordnungen (Gesellschafts-, Staats-, Sozial-, Steuer-, Wirtschaftsordnung usw.) aufeinander abgestimmt, gewissermassen aus einem Guss, sein. Mit einer freiheitlichen Staatsordnung vertragen sich Plan- und Zwangswirtschaft auf die Dauer nicht.»

Trügerische Staatsgläubigkeit (Stark erweiterte Fassung der Preisverleihungs-Ansprache Jahrespreis 1994 STAB, erschienen zusammen mit der Laudatio von Gerhard Schwarz, in: «Keine Ordnungspolitik ohne Grundsatztreue», Arborea-Verlag), 27 Seiten, 1994.

 

Bibliographie

Ordnungspolitische Hauptschriften von Hans Letsch

1* Ikarus- Übermut fordert seinen Preis, 2004, 68 Seiten.

2 Freiheitliche Ordnungspolitik: Garant für direkte Demokratie, Marktwirtschaft und Föderalismus, 2002, 12 Seiten, erschienen in: EigenStändig/ Die Schweiz- ein Sonderfall, hg. von Walter Hirt, Robert Nef, Richard C. Ritter, verlag moderne industrie, vmi, Zürich.

3* Abschied von Babylon – Hinauf ins Tal – Ein Gespräch über das Recht und die Pflicht, Mensch zu sein (ediert unter dem Pseudonym Balz Bohrer), 2000, 119 Seiten.

4* Freiheit und Verantwortung – ein Kompass im Labyrinth politischen und wirtschaftlichen Wunschdenkens, 1998, 61 Seiten (erschienen in: «10 Jahre Aargauische Stiftung für Freiheit und Verantwortung in Politik und Wirtschaft»).

5* Stoppt den Staat- er ist zu teuer, 1996, 87 Seiten.

6  Trügerische Staatsgläubigkeit (Stark erweiterte Fassung der Preisverleihungs-Ansprache Jahrespreis 1994  STAB, erschienen zusammen mit der Laudatio von Gerhard Schwarz, in: «Keine Ordnungspolitik ohne Grundsatztreue», Arborea-Verlag), 27 Seiten, 1994.

7  Positionen, 1994, 47 Seiten (Privatdruck).

8* Soziale Marktwirtschaft als Chance – Die Schweiz auf dem Prüfstand: Grundsätzliches zur Sozialen Marktwirtschaft / Ordnungspolitische Versäumnisse und Signale / Licht und Schatten in der politischen Willensbildung, 1992, 300 Seiten.

9  Wirtschaft und Staat im Strukturwandel der Gegenwart, herausgegeben von Kurt Eichenberger, Fritz Halm, Hans Hemmeler, Markus Kündig, Kurt Lareida, AT-Verlag, Aarau,1984, 240 Seiten.
 

*Herausgegeben von der Aargauischen Stiftung für Freiheit und Verantwortung in Politik und Wirtschaft, Aarau